Lieder, Rauch und Räusche
Lustige Geschichten rund um mein Musikerleben in den 90er und 2000er Jahren
1
Der 100 DM Tip
Mainz, Irish Pub, Weißliliengasse 5, irgendwann Anfang der 2000er Jahre.
Wie so oft, war ich über's Wochenende gebucht, Freitag in Wiesbaden, Samstag in Mainz. Die Kneipe war voll, die Stimmung gut.
Irgendwann, am Ende des 2. Satzes kamen 3 Männer in dunklen Anzügen (später erfuhr ich, dass diese von einem Ärztekongress aus Wiesbaden waren) durch die Türe und nahmen Platz an der Bar. Einer lief direkt zu mir an die Bühne, legte 100 DM auf den Barhocker, wo mein Getränk stand und sagte auf Englisch, mit russischem Akzent: "Can you play 'Michelle' from the Beatles"? Noch bevor ich antworten konnte war er wieder in Richtung Bar verschwunden. "No, sorry. I don't know the chords", rief ich ihm noch hinterher.
Ich beendete meine Runde, legte meine Gitarre ab, nahm mein Tip Jar in die Hand und ging Trinkgeld sammeln. Als ich zu den "Men in Black" kam, entschuldigte ich mich nochmal bei dem Herrn und reichte ihm den großen, blauen Geldschein.
"No, you can keep it. It's ok. Keep it. And here is a number sou should call. It's a friend of mine in Wiesbaden. A music teacher and voice trainer. Call him. I will pay for it all."
Ich hatte mich nie dort gemeldet. Bis heute weiß ich nicht, ob er mein Talent erkannte, oder es ein Wink mit dem Zaunpfahl war, der dem Spender allerdings 100 DM kostete.
Wer weiß, wohin mich dieser Anruf "gebracht" hätte.
Die Zeit in Mainz und Wiesbaden, jahrelang in den beiden Irish Pubs, war eine sehr intensive Erfahrung. Die langen Nächte, mit viel Alkohol und Zigaretten, die dreckigen, kalten Musikerzimmer in irgenwelchen Hinterhöfen, die Morgende danach, zu Fuß stundenlang durch die Innenstädte von Cafe zu Cafe, die Tagebucheinträge und kleinen Pläne, die Versuche, Gedichte und Lieder zu schreiben. Und immer war ich froh, frei zu sein, bis zur nächsten Nacht, voller Lieder, Rauch und Räuschen.
Hier der passende Song aus dieser Zeit als tingelnder Pub Musiker
2
"Simple Songs"
Das "Geistervideo"
Für eine Casting Seite (Cycast) 2009 geschrieben,
schnell aufgenommen, in Annas und meiner ersten gemeinsamen 30qm Wohnung. Meine Stimme klingt müde und nach Rauch. Zu dieser Zeit war mein Pulver schon fast aufgebraucht, nach 10 Jahren Woche für Woche in Irish Pubs, mit Nächten, die ihre Teufel fanden, scheinbar sorglos und unbeschwert, getrieben von unbändiger Abenteuerlust und Freude. "Those were the days, my friend..."
"Funny how the world is twistin’
Bobby’s on a navi system
Michael’s left the land of never
Superstars won’t shine for ever
Idols become young and younger
Melodies get weak not stronger
Isn’t it the time to wonder
What could grow beyond that blunder
No matter where in life you go
No matter where you’re coming from
My mama always told me so
All comes down to simple songs
La la la la let us sing
Na na na na let it ring
Doobie doo doo move your feet
Yeah yeah yeah to any beat
Da da da da da da from me to you
Sha la la la la la that's what I do
Hey hey hey feel the heat
Yeah yeah yeah to any beat
Children know the la la myst’ry
Let them grow in na na hist'ry
Give them faith and keep them strong
And let them dance to their own song
La la la la let us sing
Na na na na let it ring
Doobie doo doo move your feet
Yeah yeah yeah to any beat
Da da da da da da from me to you
Sha la la la la la that's what I do
Hey hey hey feel the heatYeah yeah yeah to any beat"
© Andi Lauth 2009
(das Video im Link unten entstand damals allerdings ohne mein Wissen...
...ich fand es zufällig auf Youtube;-)
Simple Songs
3
Das Ständchen am Fenster
Irgendwann Mitte der 90er Jahre. Sonneberg, Thüringen, am Wolkenrasen.
Ein Ständchen für die Geliebte. Das war der Plan eines Italieners, der mich zuvor in seiner Pizzeria, irgendwo in der Nähe von Kronach, gebucht hatte.
Am Morgen des Heiligabends holte er mich mit seinem Porsche von zu Hause ab und brachte mich in die Nähe des Fensters seiner (Ex) Geliebten. Wahrscheinlich war ich sein "letzter Trumpf", sie zurückzugewinnen.
Er zeigte auf das Fenster, im Ergeschoss eines Plattenbaus.
Dann wartete er in sicherer Entfernung.
"Singe eines Deiner Lieblingslieder, süß und leidenschaftlich", war die Vorgabe.
Es begann zu regnen und ich stellte mich unter das Fenster der Angebeteten.
"Where do you got to, my lovely..."
Bis heute weiß ich nicht, was aus den Beiden geworden ist.
An diesem Tag jedenfalls gab es keine Reaktion auf meinen Liebesbeweis...
...und auch keine Gage.
Er brachte mich stumm und mit Tränen in den Augen wieder nach Hause.
4
Lichteneiche, Anfang der 90er
ZEUGEN GESUCHT++ ZEUGEN GESUCHT++
Lichteneiche. Bamberg. Kirchweih. Anfang der 90er.
Hat jemand Bilder von meinem "spektakulären" Auftritt? Tolles Publikum, ein Barhocker, eine Gitarre, ein Mikrofon und unzählige Schnäpse, die mir im Laufe des Abends auf die Bühne gestellt wurden. Der Rest ist mir nicht mehr in Erinnerung.
Freue mich über jeden Fotobeweis.
(Jahre später wurde ich noch öfters auf diese Nacht angesprochen)
5
Busking in Antibes, 2006
Wir, Anna und ich, machten uns 2006 auf die Reise, Richtung Portugal. Mit dem alten Renault meines Papas (den er uns schenkte), 500€ Startgeld pro Nase, meiner Gitarre und meinem AER Acoustic Cube (ein batteriebetrieben Gitarrenverstärker) und vielen guten Wünschen und Hoffnungen (vielleicht doch mal für eine Zeit "auswandern" zu können).
Das Geld wurde schnell immer weniger (damals rauchten wir beide noch, ich auch schon mal für 2)! Unterwegs kamen zum Glück hier und da ein paar €€ in meinen Gitarrenkasten. Basel, Avignon... und schließlich an die Küste, wo wir meinen Freund Patrick und dessen Frau Maja, aus Montreal, trafen. Hier wurde es dann finanziell ziemlich eng, und das Ziel Lissabon rückte in unerreichbare Ferne...
Da kam mir eine Idee! Mein alter Freund Sean ging in Bamberg oft in die Bierkeller, spielte ein paar Songs, reichte den Hut herum und verdiente sich so seinen Lebensunterhalt.
Gedacht, getan: "Anna, ich spiele am Hafen von Antibes auf der Terrasse eines Cafe's! Hier kennt mich ja keiner."
Etwas nervös war ich schon, da sich für mich diese Aktion nahe der Aufdringlichkeit befand, aber was wollte ich tun. Wir hatten weder Geld für Benzin, noch für ein ordentliches Abendessen. Damals gab es auch kein PayPal, mit dem du dir schnell mal 100€ von den Lieben zu Hause auf dein Konto schicken lässt.
Ich fragte an der Bar, und lief dann singend von Tisch zu Tisch, immer mit einem Lächeln auf den Lippen.
Nach nur 3 Songs fasste ich meinen ganzen Mut und fragte auf Englisch nahezu jeden Gast nach einer kleinen Spende für die Musik.
Anna war zeitgleich mit Maja und Patrick bummeln, durch die wunderschönen Gassen der Küstenstadt.
Als ich sie schließlich fand, brach es aus mir heraus: "Anna, ich habe 50€ in nur 15 Minuten verdient! Wir sind gerettet. Wenn ich das nun jeden Tag mache, sind wir in ein paar Wochen in Palmela, PT.
Und hier ist der Fehler: In diesem "Business" ist kein Tag wie der andere. Ob Regen oder Sonne, ob Spielfreude oder Leidenschaft.
Am nächsten Tag, machte ich zu selben Zeit, im selben Cafe, sage und schreibe 3€ mit meinen 3 Songs.
Ich schlich mich etwas demütig und enttäuscht in die kleinen Gässchen und praktizierte die klassische Straßenmusik. Ein schönes kühles Pläzchen und einfach drauf los! Wer zuhören wollte konnte stehen bleiben, wer nicht, zog weiter. Zu meiner Freude blieben einige Familien mit ihren Kindern bei mir, tanzten sogar und warfen ihr Kleingeld in meinen viel zu großen Gitarrenkoffer. Natürlich nicht bei weitem so viel, wie am Tag zuvor bei der vermeintlichen finanziellen Lösung unserer Probleme, dem Straßencafe.
Als ich, glücklich über die neue Situaution, von Lied zu Lied über die Saiten strich, Kinder mit ihren Müttern glücklich machte und alle Schmach von gerade eben verflogen schien, traf mich die Realität, in Form eines Eimer Wassers von hintern, schräg oben!!!
Ein sichtlich erboster alter Franzose stand mit seiner Madame auf dem Balkon, fluchte und schrie auf französisch in meine Richtung. Ich verstand ihn sofort, obwohl ich nie über "Tu-veux sortir avec moi ce soir" hinausgekommen war.
"Verpiss Dich, Fuck off", nur ein wenig blumiger ausgedrückt.
Zu meiner Überraschung wetterten meine französischen Zuhörer vehement zurück. Eine Frau aus einer Boutique brachte mir sogar ein Handtuch und entschuldigte sich für den Zwischenfall. Ich war gerührt. Fühlte mich bestätigt und auch irgenwie glücklich. Es war zwar nix verdient, aber die Seele hatte ihre Freude.
Am selben Abend übrigens spendierte uns mein Freund Patrick eine Übernachtung am Zeltplatz, und wir mussten nicht wieder im Auto schlafen ;-)
Leider gibt es aus dieser Zeit kaum Fotos, weil wir noch keine Smartphones hatten.
Die Reise Richtung Portugal endete wenige Tage später in Collioure, an der Grenze zu Spanien . An der Hafenmauer fand ich zwar wieder dankbare Zuhörer, aber die große Geldspritze blieb leider aus. Wir fuhren wieder nach Hause.
6
Le Boulevard, Bamberg
"Kein Spaß, nur Musik" tönte es um die Ecke. François, der Besitzer des "Le Boulevard" verstand den irischen Humor nicht und wollte, daß Sean das Konzept der "gepflegten Live Musik" nicht in's Lächerliche zieht. Das allerdings war dem "oberfränkischen Irish Bastard", wie er sich hin und wieder selbst liebevoll nannte, völlig egal. Er antwortete einfach mit einer in jeder Phrase von herzhaften Lachsalven begleiteten Version von "Michelle, ma belle...". So lange bis der Franzose kopfschüttelnd Zuflucht hinter der Bar suchte und Bestätigung bei der lokalen Musikerszene fand. In dieser Stadt wollte der Blues regieren. Und der war in der Regel ernst und erzählte vom schweren Leben eines Musikers.
Sean war das Gegenstück. Er war auf der Durchreise. Schon seit Jahren. Hier in Bamberg, der 'cosy little rut' (Lenny Napier). Hier, wo man als Kneipenmusiker in den 90ern noch richtig Geld für ein bisschen Musik und Spaß bekam. Inmitten der großen Unplugged Welle, auf einem Surfbrett mit 6 Saiten und genug Freibier, um alles andere um sich herum zu vergessen. "settle down in a quiet little town..." /Gerry Rafferty. Nächte voller Lieder, Rauch und Räusche.
7
Das 5 DM Auto
Am Anfang meiner Karriere stand natürlich das Abenteuer ganz oben auf der Liste meiner musikalischen Entfaltung.
Ehrgeiz ist mir fremd, schon seit Kindertagen.
Zufälle gab es genug. Und sie waren es meist wert, zu lernen, mit ihnen umzugehen.
Einer dieser Zufälle war mein Tourbus, ein Geschenk eines Freundes der Familie.
Mit 5 DM war ich stolzer Besitzer dieses Simca Talbots. Er war fahrtüchtig, es gab genug Platz zum Schlafen, und er hatte eine große Seitenfläche, auf der ich den "American Dream", in Form einer selbst gemalten! Flagge, zur Geltung bringen konnte.
Damit steuerte ich all meine frühen Auftritte an, mit Jim Croce als musikalischen "Beifahrer" und einer großen Portion Hoffnung und Wagemut in Richtung der kleinen Bühnen fränkischer Kneipen, Hochzeiten und Geburtstage.
Sehr schnell wurde jede Fahrt zu einem noch größeren Abenteuer. Mein Freund war ja nicht mehr der Jüngste, und ich kann mich vor allem an eine Situation erinnern:
Mitten auf der Fahrt zu einem Auftraggeber riß der Gaszug. Da stand ich nun. Ohne Handy. Ich weiß nicht mehr, wie ich Hilfe kontaktiert hatte und wer mir den Rat gab, den Gashebel mit einer Schnur durch das offene Fahrerfenster per Hand zu betätigten.
So fuhr ich noch eine Weile, ungestraft, bis der Motor irgendwann seinen Geist aufgab.
8
Tulpen aus Amsterdam
(Von einem der auszog, das Dichten zu lernen)
In meiner unfreiwilligen Pause als Kneipenmusiker (1994-1999), war ich natürlich nicht untätig. Unzählige Jobs in Bamberg halfen mir, einigermaßen über die Runden zu kommen.
Als ich bei einer dieser Tätigkeiten, am Fließband der Hansa Werbung (Erzeugung von Katalogen, Prospekt und Flyern) in Hallstadt einen jungen Dichter aus der Heimat kennenlernte, der bereits einen kleinen Gedichtband veröffentlicht hatte, fiel im Jahre 1996 der Startschuss für eine "Dichterreise" nach Holland.
Mit seinem Volvo fuhren wir Richtung Westen.
Das Ziel war unbestimmt. Viele Gedichte und Gedanken entstanden auf dieser Fahrt (diese schlummern in unzähligen Tagebüchern in wiederum unzähligen Kartons und warten auf ihre "Auferstehnung").
Wie es bei angehenden Künstlern ist, kommen natürlich hier und da Meinungsverschiedenheiten auf. Wer schläft im Himmelbett des Pensionszimmers, wohin gehen wir heute essen und wohin gehen wir überhaupt?
Ich kann mich noch gut an die Nächte auf einem Parkplatz in Leiden (der Name dieser Stadt, nahe Amsterdam sprach für unsere Gemütslage) erinnern, wo auch unser Trip enden sollte. Er, mein Teilseelenverwandter fuhr nach Hause, ich mietete mich bei ein paar Studenten ein und radelte jeden Morgen (von eine Zeitarbeitsfirma vermittelt) zu meinem Arbeitsort, einer Blumenfabrik, wo ich wieder am Fließband stand, dieses mal aber mit dem Sortieren von Tulpen aus Amsterdam beschäftigt war (welche aus Pakistan kamen, weil es dort billiger war dieselben zu züchten).
Also ein deutlicher Aufstieg. Allerdings zu kriminellen Arbeitsbedingungen.
Zumindest gab es jeden Tag einen Strauß frischer Blumen gratis!
*Ich könnte noch von den 2 jungen Schotten erzählen, die ich auf der Suche nach einem Waschsalon in der Innenstadt von Leiden traf (auch mit großen Wäschesäcken wie ich über die Schulter)...
aber wer will schon hören, dass selbst diese Aktion ein schnelles Ende an irgendeiner Bar fand...
Ja, auch das will gelernt sein.
9
Was KOStet die Welt!
Anfang der 2000er Jahre fragte mich der Besitzer des Irish Pubs in Koblenz, ob ich Interesse an einem Gastspiel im Robinson Club auf der Insel Kos, Griechenland, hätte!
Der Deal war für einen Kneipenmusiker mehr als attraktiv. 2 Wochen am Meer, weg von den rauchigen Nächten, der Flug bezahlt, Unterkunft, Essen und Trinken auch und obendrein 50 DM für 1 Stunde pro Abend Singen.
Trotz meiner Flugangst machte ich mich auf den Weg nach Daidalos.
So hieß der Club, und er übertraf meine kühnsten Erwartungen. Nie zuvor hatte ich so viel Show, Glanz und gutes Essen gesehen. Die Gäste (überwiegend reiche Deutsche;-) wurden wie Könige behandelt, die Kinder von früh bis abends animiert.
Nach nur wenigen Tagen fühlte ich mich so träge (nahezu den ganzen Tag verbrachte ich an der Bar nahe des Pools, trank griechisches Bier und rauchte eine nach der anderen), dass auch ich eine (Re)animation nötig gehabt hätte. Stattdessen klopfte es eines Morgens an meine bescheidene Steinhaustüre, und da stand der Sicherheitsdienst des Clubs und untersuchte mein Zimmer nach Drogen, oder vielleicht auch Leichen. Keiner sagte etwas. Ausgerechnet ich!, der sein Leben lang den Drogen so fern war, wie kein anderer!
Die Auftritte waren jedenfalls angenehm und gingen recht schnell über die Bühne. Meine Aufgabe war es, den Weg der Gäste nach dem Essen vom Speisesaal (in dem es alles an kulinarischen Köstlichkeiten gab, die jemals erfunden wurden!) zur abendlichen Musical Show im Amphitheater mit ein paar Gitarrenklängen zu versüßen.
Die Resonanz der satten, völlig überreizten Urlauber hielt sich in Grenzen.
(nur einmal! kam ein etwas älterer Herr im Speisesaal auf mich zu und sagte, er wäre schon in vielen Clubs gewesen, meine Musik und Songauswahl wäre bisher am Besten gewesen...
Wahrscheinlich stand er auf mich, aber dazu mehr in den nächsten beiden Geschichten ;-)
Die Zeit auf der Insel verbrachte ich auf meine Weise, mit Rollerfahrten in die Hauptstadt und Sich - Gedanken - übers - Leben machen, während alle anderen vom einem Surf- zum anderen Golfkurs eilten.
Dieses schreckliche Paradies ("Dreadful Paradise", wie ich es in einem Song damals nannte, den ich aber nie fertig schrieb) durfte ich Ende desselben Jahres noch einmal für 2 Wochen besuchen. Anscheinend war man doch mit mir zufrieden, auch wenn ich mich etwas sonderbar verhielt.
Ich kannte diese Art zu Reisen nicht, und ich passte auch nicht in einen Robinson Club.
10
"Über den Dächern von Lissabon"
2008.
Die besten Jahre der Bamberger Blues Bar neigten sich dem Ende. Die „Party People“ der Sandstraße langweilten sich und beschlossen, regelmäßig an „unseren heiligen Ort“ zu kommen, wo wir jahrelang Zuflucht suchten und fanden, um dem Geruch einer schnöden Cocktail-Generation zu entkommen.
Also dachten wir, Sean und ich, wir verlagern unseren Brotverdienst nach Portugal.
Ein Engagement für 4 Wochen im Hennesseys Irish Pub direkt am Hafen von Lissabon sollte uns für den Anfang helfen.
Die Band „CARA SOUL“ war (ein paar Jahre nach einem einzigen Auftritt in der Bunten Kuh in Wien, 2001) wieder zum Leben erwacht.
Für Anna und mich war es ohnehin schon immer insgeheim der Plan, irgendwann nach Portugal auszuwandern.
Als Duo probten wir, Sean und ich, viele neue Songs, versuchten uns im Harmonie-Gesang, buchten schließlich unsere Flüge, und dann war es soweit. Anna brachte uns zum Bahnhof. Wenn alles gut lief, würde sie nachkommen und dort Arbeit suchen. Das war die Idee.
Sean und ich waren „bambergmüde“. Der Blues dieser Stadt hatte uns erwischt und da wir beide nicht viel mit diesem Genre anfangen konnten, suchten wir nach einer sonnigen Alternative: Portugal! Anna (lebte schon früher ein Jahr lang in der Nähe von Lissabon) und ich waren ja schon öfters da und kannten uns ein bisschen aus.
Unser Flug ging von Frankfurt. Kurz vor dem Einchecken entschieden wir, unsere Verstärker nicht mit an Bord zu nehmen (das war richtig teuer), sondern sie an der Poststelle direkt am Gate aufzugeben.
Erleichtert flogen wir in den Süden, zu den melancholischen Portugiesen, in der Hoffnung, dort würde man „unsere Musik“ mehr schätzen.
Dort angekommen bezogen wir eine Musiker-Wohnung in einem Problemviertel der Stadt, im 4. Stock eines Plattenbaus, nahe der Cristo-Rei Statue, am anderen Ufer des Flusses Tejo.
Wir spielten fast jeden Tag, von 22:30 bis 1 Uhr, bekamen gutes Essen und auch etwas Geld.
Eines Abends ging die Türe auf und ein vornehmer Engländer, an einem Stock und um die 70, trat in das Lokal. Er war angetan von uns und unserer Musik und, wie sich später heraustellte, vor allem von mir ;-)
Douglas, so hieß er, nahm uns jede Nacht mit in sein Reich, über den Dächern von Lissabon. Es war genau das, was sich in all den Jahren immer wieder wiederholte: Die Reichen lieben es, sich mit den feinfühligen, verbindlichen Menschen zu umgeben, weil ihnen dies in ihrem Leben fehlt und/oder weil sie sich einfach mit schönen, tiefsinnigen Gesprächen ein Sahnehäubchen auf ihren Reichtum setzten wollen.
Hier könnte ich noch unzählige Begebenheiten aufführen. Meine Stimme und meine Gitarre haben mich an die außergewöhnlichsten Orte gebracht, in die Herzen der herzlosesten Menschen und in deren Paläste.
Douglas hatte so einen „Palast“ über den Dächern von Lissabon. Sein Loft hing voll von wertvollen Gemälden, Kunstzschätzen und sehr teueren Einrichtugsgegenständen (er sagte uns, er wurde schon ein paar mal überfallen und ausgeraubt).
Dort oben gipfelte unsere gemeinsame Tour, in einem hollywoodgleichen Ambiente, mit Rum und anderen erlesenen Getränken, mit Blick über den Tejo, als Balsam für unsere in all den Jahren geschändeten Seelen, als „fly on the wall“ (Sean) Kneipenmusiker, die ihre Nächte in zugigen und schimmligen Musikerzimmern wöchentlich von Garmisch bis Koblenz verbrachten.
Anna reiste schnell nach und genoss diesen Traum mit mir.
Ein anderer Höhepunkt des nächtlichen Aufstiegs in Douglas Himmelreich war allerdings ein 2 stündiger Aufenthalt im Mini- Aufzug des portugiesischen Herrschaftshauses. Zum Glück waren wir alle „betrunken“ genug, um nicht an eine Panikattacke zu denken. Der Herr des Hauses, Anna, Sean und ich mit 2 Gitarren auf ca 1,5qm Fahrstuhlfläche. „That‘s probably as close as I can get with you“ pointierte der wohlhabende, schwule Engländer, dicht an mich gequetscht.
Natürlich gab es ein Happy End und weitere unbeschreiblich schöne Nächte.
Unsere Verstärker, die wir am Flughafen in Frankfurt beim Postamt aufgaben, kamen erst gegen Ende unseres Engagements an, beide defekt, wahrscheinlich von den Fließbändern unterwegs, irgendwo in Spanien ein paar Meter in die Tiefe gestürzt.
Die Band „Cara Soul“ löste sich auch zu allem Überfluss nach heftigen Meinungsverschiedenheiten schnell wieder auf.
Anna und ich flogen alleine zurück nach Bamberg. Wir hätten bleiben können, ein „neues Leben“ anfangen, allerdings nicht über den Dächern von Lissabon, sondern eher in unserer nahe gelegenen Traumstadt „Palmela“. Aber die Realität ließ den Ruf nach Bamberg, zurück in unsere gewohnte Umgebung fürs Erste über den Traum, in Portugal zu leben lauter erklingen, und der Rest ist Geschichte.
Eine wunderschöne. Nur knapp 2 Jahre später, im Februar kam unsere Tochter Lua (portugiesisch für Mond) auf die Welt. 5 Jahre später ihr Bruder Leo.
Von Douglas war nie wieder was zu hören, obwohl wir im selben Jahr, 2008, nochmals nach Lissabon und Palmela reisten und ihn versuchten zu kontaktieren.
“Life is what happens to you while you're busy making other plans” – John Lennon
11
"Snipers Corner", Koblenz
(Juan, Jose oder Paolo)
Oft saßen Sean und ich an einem Freitag nachmittag in den Bamberger Cafes und beendeten unsere meist „tatenlose“ Woche mit humorvollen Reflektionen über unser Leben als Kneipenmusiker oder „Gauner“ (so hatte uns einmal Ray Bradshaw, der Besitzer des Emerald Isle Irish Pub genannt).
Zum Wochenende begann unser „Dienst“, hier und da, mal nah, mal fern.
Ich weiß noch, als damals Volker, ein gewissenhafter, deutscher Geschäftsführer vom „Pipers Corner“ in Koblenz, Sean freitags beim Kaffetrinken (am Orlando in der Austraße in Bamberg) anrief und ihn fragte, ob heute Abend alles in Ordnung ginge. Sean hatte (nach viel mehr Jahren „on the road“) manchmal einfach keinen Bock, sich stundenlang in den Zug zu setzen und ins Rheinland zu fahren, für 120€ Gage.
„Volker, I am not coming. I missed my train“, hörte ich ihn am Handy sagen.
Wir waren beide regelmäßig im "Snipers Corner" (wie wir die Kneipe auch spöttisch nannten) gebucht, zu Spottgagen und meist auch ohne Übernachtungsmöglichkeit.
Und hier beginnt meine kleine lustige Geschichte:
Es war ein Abend im Pipers Corner. Ich war schon einige Male davor gebucht, schlief dann meist nebenan hinter einem Schaufenster, zwischen Getränkekästen und Kartons. Dieses mal gab es diese Schlafgelegenheit aus irgendeinem Grund nicht mehr, was ich allerdings erst nach meinem Auftritt erfuhr. Volker sagte mir, ich könne aber bestimmt bei Juan oder Jose (leider weiß ich seinen Namen nicht mehr) für die Nacht unterkommen. Dieser Südamerikaner, älter als ich, gutaussehend und mit einem sehr freundlichen Grinsen im Gesicht, saß uns gegenüber an der Bar und willigte sofort ein, als ich ihn um den Schlafplatz bat. Wir mussten auch nur über die Straße in den ersten Stock eines wunderschönen, alten Hauses.
Eine noch wunderschönere Wohnung erwartete mich dort, stilvoll, geschmackvoll, mit vielen Blumen und schönen Bildern (Paolo, so hieß er doch, glaube ich, hatte ja im Erdgeschoß des Hauses einen Blumenladen, habe ich ganz vergessen, zu erwähnen).
Das Bett war groß, die Couch aus Leder, nur ich ahnte nichts.
"Du bist mein Gast, fühl Dich wie zu Hause". Mit diesen Worten reichte er mir ein weißes "Schlafhemd". Andere Länder, andere Sitten, dachte ich mir.
Wir rauchten noch eine oder zwei Zigaretten, und dann sagte er mir Gute Nacht, bot mir davor noch sein Himmelbett an. Dieses Angebot schlug ich aber anstandshalber aus und machte es mir auf der edlen Couch bequem.
Er verschwand im Schlafzimmer, nebenan, ließ aber die Türe weit genug offen, dass ich den Fernseher und das Klicken des Feuerzeuges bei jeder neuen Zigarette deutlich hören konnte. Nach einer Weile rief mich Paolo, ich solle doch mit in sein Bett kommen, das wäre viel gemütlicher. Ich schlug wiederum sein Angebot aus.
Kurz darauf trat er ins Wohnzimmer vor die Couch und machte mir diesmal noch förmlicher und eindringlicher den Vorschlag, einfach neben ihm zu schlafen.
Ich konnte mich fast nicht mehr "wehren", kroch unter die Decke des Ehebettes und lag da, wie ein Lamm auf der Schlachtbank. "Zum Glück", dachte ich mir, liefen Werbesendungen mit halbnackten Frauen, bei denen er ständig in typischer Macho Manier zu verstehen gab, wie sexy und schön sie doch wären.
Halb beruhigt, gab ich ihm zu verstehen, dass ich müde bin und jetzt schlafen werde. Und hier begann die Geschichte brenzlig zu werden und die Handlung lief auf ihren vermeintlichen Höhepunkt zu: Nur Sekunden nach meinen Gute Nacht Wünschen spürte ich seine Hand auf meinem Oberschenkel.
Da ich mich nie in meinem Leben nur ansatzweise zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlte und diese Berührung alles andere als reizend für mich war, sprang ich auf und flüchtete zurück auf die Couch.
Sein Lachen und ein gewisses Amüsement folgten mir bis ins Nebenzimmer.
Hier auf kaltem Leder fühlte ich mich wieder wohl und sicher.
Jetzt begann die Phase der Wachsamkeit. Bloß nicht Einschlafen und standhaft bleiben. Hier half mir natürlich wieder die Zigarette.
Gemeinsam rauchten wir im Duett, auf sicherer Entfernung, Paolo und ich.
Dabei vergass ich ganz den gekränkten südländischen Stolz, der mir nach circa einer halben Stunde Feuerpause um die Ohren flog.
"Du bist der Gast!" Mit diesen deutlichen Worten forderte er mich auf, sein Bett alleine zu benutzen. Er würde es sich auf deiner Couch gemütlich machen.
Schnell zog ich wieder ins Schlafzimmer unter das viel zu große Bettlaken.
Der "Krieg" war noch nicht zu Ende.
Mir war schon fast schwindelig vor Nikotin und der Angst, Opfer einer nächtlichen Attacke zu werden.
Aber nach kurzer Zeit kamen wir zu einer neuen und endgültigen Einigung:
"Du schläfst auf der Couch, ich schlafe in meinem Bett!" Mit diesen Worten, fast beleidigt, stand er plötzlich vor mir und forderte mich auf, sein Schlafgemach zu verlassen.
Zurück auf der Couch schlief ich nur nach wenigen Minuten ein, kraftlos, hilflos und auch ein wenig gleichgültig, ob der Dinge die mir noch hätten widerfahren können.
Am Morgen, also nur wenige Stunden später, bei Sonnenaufgang, sprang ich auf, zog mich an, schnappte meine Gitarre und meinen Koffer und als ich heimlich aus der Wohnungstür heraus wollte, ertönte seine Stimme aus dem Schlafzimmer, als wenn nichts gewesen wäre: "Wollen wir nicht noch zusammen frühstücken?"
Ich glaube, ich antwortete ihm einfach nicht, machte mich auf dem Weg zum Bahnhof und fuhr nach Hause.
Wochen später saß Paolo im Publikum, applaudierte nach jedem Song, mit seinem freundlichen, südländisch charmanten Grinsen.
Wer weiß, wie viele Musiker damals noch das weiße Nachthemdchen trugen.
12
"Joan, Paul und meine Oma Käthe"
Anfang der 90er! Charly und ich, mit unter den „Lokalmatadoren“ im Live Pub (später Sound ‚n‘ Arts) in der Sandstraße, wir waren wie in einem Rausch und gut gebucht, auch weit über die Grenzen bis nach Coburg ins Cafe Filou ;-)
Eigentlich einem Szenecafe, aber dennoch akzeptiert und fast schon geliebt. Wir hatten mindestens einen Abend im Monat und das für mindestens 2 Jahre.
Ende Februar 1992 sollte es dort zu einem "Spontankonzert" mit einem der Großen kommen!
Hier die Vorgeschichte: Meine Liebe zur Folk Music brachte mich damals nach Nürnberg in die Meistersingerhalle zu Joan Baez. Angetan von ihrer klaren, kräftigen Stimme und ihren melodiösen Liedern fanden wir, Chris, meine Schwester und ich uns inmitten mittelalterlicher „Folkies“ in Nürnberg. Angetan von meiner Schwester war damals auch der Sologitarrist Paul Pesco, als wir gegen Ende des Konzertes zur Zugabe dicht an der Bühne standen. Nur kurze zeit später brachte uns diese Liebelei sogar ins Hotelzimmer des Musikers. Er stellte den Fernseher an, auf MTV, setzte sich auf sein Bett, nahm seine Gitarre in die Hand und verzauberte uns mit diversen Licks und Tricks ;-) „Hold on! That‘s me an Madonna in that video by the way...“ Und tatsächlich stand er da auf der Bühne mit der „Göttin des Pops“ und begleitete sie zu „Like a Virgin“.
Der Rest ist Geschichte. Und zwar diese: Wir bekamen Backstage Tickets für eine Woche später in Würzburg und der Meister behandelte uns wie beste Freunde, offensichtlich mit Hintergedanken.
Eine Woche später fuhren wir dann nach Würzburg. Nach dem Konzert durfte ich der Göttin des Folks die Hand geben und ihr zusehen, wie sie sich ihre Füße von einem Roadie massieren ließ.
Aber das war erst der Anfang. Auf die Frage, was er, Paul Pesco, morgen so vor habe, da wir Charly und ich einen Auftritt im Cafe Filou, in Coburg hätten, meinte er gelassen: Nichts. Er habe frei. Und er würde gerne mitkommen und mitspielen. Na ja, ich hatte ein großes Auto und wir mussten auf der Rückfahrt nach Neustadt bei Coburg, meiner Heimatstadt, auch nur einmal an einem Fitness Studio halten, weil ihm die Proteine für seine Muskeln ausgegangen waren. Zuhause angekommen, fand sich gerade die Geburtstagsgesellschaft meiner Mutter in Wohn- und Esszimmer zusammen. Wir betraten unser Haus, und Paul wurde herzlich empfangen. Er saß am Tisch und hier kommt eine ganz starke Erinnerung: meine Oma Käthe lief auf ihn zu und strich ihm durch sein langes, glattes, pechschwarzes Haar. „Schöne Haare haben Sie“.
Ich fuhr eher, als der Rest nach Coburg und berichtete von dem heutigen Überraschungsgast. Ein Plakat an der Türe ließ keinen Zweifel mehr übrig: TONIGHT. Andi & Charly with SPECIAL GUEST: PAUL PESCO, dem GITARRISTEN von MADONNA (Steve Winwood, Whitney Houston, Al Green, Roberta Flack, Mariah Carey, C+C Music Factory, Hall & Oates, Annie Lennox, Jennifer Lopez, Alicia Keys, Red Hot Chili Peppers…)
https://paulpesco.com/
Klar, dass es enger als je zuvor war, klar dass wir aufgeregter waren und klar, dass uns das sogar einen Auftritt am Schlossplatzfest 1993 brachte ;-) Nicht klar war die Tatsache, dass dieser Mann ungeachtet der Gefahren und rein schon aus versicherungstechnischen Gründen seinen freien Tag und Abend mit uns verbrachte und uns zu "unseren Songs" begleitete.
Wir hatten noch ein paar Mal email Kontakt. Heute sehe ich ihn bei „Live from Daryl‘s House“
https://www.youtube.com/watch?v=ATRsYfiVUy8
oder lese seinen Namen auf so vielen Platten großer Musiker. Er ist „down to earth“. Er spielt von früh bis abends Gitarre und trainiert jeden Tag seine Muskeln. Er lebt für die Musik. Und er hatte langes, schwarzes, geschmeidiges Haar, das sogar meine Oma begeisterte.
13
"Sandra stellt die Weichen"
Es war genau zu dieser Zeit, als meine 15 Minuten "Ruhm" vorbei waren, Ende 1992, Anfang 1993. In Bamberg und Umgebung war alles "abgegrast" und "abgespielt". Der Kuchen war gegessen. In Coburg noch nicht ganz. Wir, Charly und ich, traten regelmäßig im Filou auf, einem schickimicki Cafe, im Herzen der Herzogsstadt.
Dort "liebte" man uns :-)
Es war ein Abend, wie jeder andere.
Auf einmal ging die Türe auf, und ein junges Mädchen mit Wuschelmähne kam herein, setzte sich hin und hörte uns zu.
Sandra, so hieß sie, trat in der Pause zu mir, bedankte sich für die Musik, fragte woher ich käme und gab mir ihre Telefonnummer.
Ich solle mich bei Gelegenheit mal melden, sie würde mich gerne kennenlernen.
Schon kurze Zeit später besuchte ich sie zu Hause, nicht weit von meiner Heimatstadt Neustadt bei Coburg.
Ich trat in ihr Zimmer und sah sehr schnell, dass sie eine leidenschaftliche Fotografin war, noch in der Ausbildung.
Wir redeten, sie erzählte ein wenig von sich, und ich auch von mir und meiner "wilden" Zeit in den Kneipen von Bamberg.
"Du musst raus hier", sagte sie plötzlich.
Du hast Talent. Du musst reisen.
Ja, das würde ich ja gerne, wenn da nicht noch das Studium und die starke Bindung zu meinen Eltern wäre.
"Ich hab auch etwas für Dich!"
Mit diesen Worten reichte sie mir einen weißen Umschlag.
Wir kannten uns nicht, und wir hatten uns gerade zum zweiten Mal gesehen.
Unter diesen Umständen war es mehr als verwunderlich, dass sie mir gerade ein Inter Rail Ticket in die Hand drückte.
"Das kann ich nicht annehmen, sagte ich schnell".
"Doch, das kannst du! Ich will, dass du auf Reisen gehst und Musik machst!
Wenn du es nicht nimmst, zerreiße ich es."
Ich nahm es. Brach mein Studium ab. Reiste mit Rucksack und Gitarre nach Avignon in Südfrankreich, traf Patrick und Jonathan aus Montreal und sang, sang, sang.
Mein Leben hatte eine Richtung bekommen. Trotz aller Angst vor den Konsequenzen, spürte ich mich und was in mir war. Der Seele so nah.
Sandra weiß nicht, was sie getan hatte.
Sie stellte die Weichen.
Wer war sie? Woher kam sie?
Ich konnte ihr bis heute nicht sagen, wie wichtig diese Reise war.
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Don't piss in your shoes!
"30 Years School of Life"
...folgt ganz bald!
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Die blutige Gitarre
Eine Gitarre ist ein wertvoller Gegenstand, materiell und ideell.
Es reicht normalerweise eine davon, um Musik zu machen. Wenn man, wie ich, in erster Linie kein Gitarrist ist, der stundenlang übt und verschiedene Gitarren sammelt, weil jede etwas anders klingt, ist man mit nur einem Instrument völlig zufrieden. Das war ich immer und bin ich noch heute. Meine Gitarrensammlung ist überschaubar und besteht aus 5 mittlerweile nahezu unbespielbaren „Holzbäuchen mit langen, abgenutzten Hälsen“.
Eine davon ist die „Blutige Gitarre“. Und hier die Geschichte dazu:
Irgendwann in den wilden 90ern. „The Emerald Isle Irish Pub“ am Obstmarkt, in Bamberg. Mein „drittes Zuhause“ (das „Zweite Zuhause“ war die Blues Bar in der Sandstraße, ebenso in Bamberg). Hier hatte ich im Schnitt 4-5 Auftritte im Monat. Mein Publikum überwiegend amerikanische Soldaten, die mich in der Regel mochten und keine „hard time“ gaben, mich stattdessen über all die Jahre fürstlich entlohnten, indem sie mir das Trinkgeldglas jedes Mal bis zum Rand füllten.
Noch viele Jahre nach meinem letzten Auftritt dort (irgendwann Ende 2012) träumte ich von diesem Ort, an dem ich mich fast 15 Jahre lang herumtrieb. Es war am Wochenende immer viel los, und trotz all der schönen Momente war es nicht leicht, ganz alleine 150 angetrunkene GI‘s zu „beglücken“.
Wann immer jemand zu mir an die Bühne kam und fragte, ob er wohl ein Lied singen konnte, gab ich ihm dankbar meine Gitarre in die Hand. Das waren kleine Pausen für mich, in denen ich 2-4 Zigaretten rauchte. Allerdings auch nicht ganz ohne Druck. Denn ja nachdem, wie der „frische“ Musiker beim Publikum ankam, musste ich mit den „Folgen“ rechnen. Zum einen die schwere Rückkehr auf die Bühne, wenn er erfolgreicher war, als ich. Zum anderen, wenn er schlecht war, die bösen Blicke und das Augenrollen vom Besitzer des Pubs, der eigentlich immer hinter der Bar stand und alles fest im Griff hatte (nur so war auch der Erfolg des Ladens zu erklären: totale Kontrolle).
Der junge Mann an diesem Abend hatte schon ein Bier zu viel und fragte mich, ob er ein Lied spielen dürfe. Ich willigte ein, er erklomm die kleine Bühne im Eck und spielte wild drauf los.
Nach einigen Takten merkte ich schon, dass er die „Meute“ fest im Griff hatte und dass es für mich schwer werden würde die Bühne zurückzuerobern. Nach ein paar Songs gab ich ihm ein Zeichen, dass es dann auch mal genug wäre mit seinen „15 minutes of fame.“ Um nicht neidisch oder arrogant herüberzukommen, machte ich das immer sehr diplomatisch: „Wir müssen eine kleine Pause machen“ oder „Ich werde nicht bezahlt, wenn du immer weiter spielst.“
Das mit den „frischen“ Musikern ist fast so, wie mit den Einwechselspielern beim Fußball. Du kämpfst Dich die ganze Zeit über ab, mehr oder weniger erfolgreich, und dann kommt der ausgeruhte, neue Mann voller Euphorie und Tatendrang.
Ich kann mich noch gut an die Zeit in Portugal erinnern. An der Algarve, als ich für ein paar Tage in der „Temple Bar“ in Portimao gebucht war.
Nach einem Auftritt zogen Anna und ich durch das Nachtleben der Küstenstadt. Wir saßen auf einer Klippe, direkt am Hafen, als uns Gitarrenklänge und eine müde Stimme aus einer nahegelegenen Musikkneipe erreichten. Komm, lass uns rübergehen und schauen, wer da singt.
Als wir in die völlig überfüllte Hafenbar kamen, sahen wir einen Mann mittleren Alters gegen eine völlig "aufgedrehte Herde Touristen" ansingen. Seine Stimme war nicht nur müde, sondern nahezu krank.
Damals war ICH der frische Spieler, und ich weiß nicht wieso, aber ich trat spontan an ihn heran und fragte, ob ich ein Lied spielen könne. Ich glaube auch deswegen, weil ich als „Leidensgenosse“ spürte, wie dringend er eine Pause nötig hatte. Und so war es auch: „Oh, cheers mate, please give us a song!“ krächzte der englische Troubadour. Seine Stimme war fast weg. Ich war kaum auf der Bühne, sah ich ihn hektisch und gleichsam genüsslich fest an einer Zigarette ziehen. „You say it best when you say nothing at all“ kam es leidenschaftlich aus mir heraus. „I brought the house down“, wie Sean zu sagen pflegte. Tosender Applaus. Ich war neu, ich war frisch, ich hatte nichts zu verlieren, und ich war auch schon gleich wieder draußen.
Dem gebuchten Musiker machte das gar nichts aus. Er sagte mir noch beim Verabschieden, dass er hier seit einigen Monaten jeden Abend sang und ihm langsam aber sicher die Luft ausging.
Zurück zu meiner lustigen Geschichte, die wiedermal gar nicht so lustig war. Denn, als der junge Gitarreiro von der Bühne kam und mir meine Gitarre in die Hand drückte, wusste ich noch nicht, was passiert war. Erst am nächsten Morgen sah ich den Schaden: Das Schallloch meiner (einzigen) Gitarre war blutverschmiert. Beim Spielen muss sich der junge Mann von gestern wohl verletzt haben. Ob es ihm egal war, oder ob er es einfach nicht gemerkt hatte, kann ich nicht sagen, weil er natürlich so schnell verschwand, wie er kam. Nicht einmal sein Gesicht war mir noch im Sinn.
Hätte ich ihn für die „blutige Gitarre“ haftbar machen können?
Auf jeden Fall spielte ich noch viele Jahre mit diesem „Unikat“. Den Schweiß und das Blut eines Kneipenmusikers sehen die Zuhörer selten. Aber so ist es ja mit allem im Leben. Es kann nur der verstehen, der es einmal selbst getan hat. Und es gibt auch nur der Trinkgeld, der weiß, wie schwer es ist, einen ganzen Abend lang seine Seele an jeden da draußen zu verkaufen.
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Straßenmusik/ Busking (The Healing Game)
Schon bei meiner Ankunft, als Student in Bamberg, Ende 1990, fand man mich oft mit meiner Gitarre auf der Oberen Brücke, im Torbogen stehen und bei Wind und Wetter stundenlang singen. Die Genehmigung für Straßenmusik gab es damals in Ortsteil Gaustadt und kostete 5 DM, für einen Tag.
Musik auf der Straße, für niemanden und jeden, den es interessiert. Das ist schon immer eine Leidenschaft von mir gewesen.
Der junge Mann, der mir einen Zettel (welcher in meinen Boxen der 1000 Tagebücher und Notizen bestimmt noch zu finden ist;-) mit der Aufschrift: „Danke, das du an diesem grauen Tag die Sonne hast scheinen lassen“ in den Gitarrenkoffer legte, dann war da Stefan, der mir jedes Mal, wenn er mich spielen sah, einen Becher Cappuccino brachte. Selbst der amerikanische Tourist, der sich vor mir aufbaute und mich mitten im Lied über meinen Notenständer hinweg belehrte: „If you wanna be a musician, learn your songs“ (auswendig spielen sollte ich; bis heute hab ich das beherzigt, obwohl ich manches Mal immer noch ein Blatt vor mich legen muss, weil ich zu faul bin, Text oder Akkorde einzustudieren).
Vom Eimer Wasser in Antibes, der sich beim Musizieren auf der Straße über mich ergoß, bis hin zum Nürnberger Christkindlesmarkt (siehe Foto mit Tisch voller Münzen), an dem ich mich, im Schneegestöber, 1992, vor dem Münzgeld der spendablen Passanten kaum retten konnte.
Es ist und war immer spannend. Es ist direkt, ehrlich und vermittelt einem das Gefühl der Freiheit. Die Straße, ähnlich, wie die Nacht (die verbotene Zeit aus Kindertagen), die man immer wieder sucht, egal, wie alt man ist (es sei denn, man hat diese Gabe im Zuge des Erwachsenwerdens verloren oder verdrängt).
Selbst die Reise nach Frankreich brachte Anna und mir beim Singen auf der Straße und auf Plätzen den ein oder anderen Groschen. In Setubal, Portugal, sogar um die 50€ am Tag (bis im Oktober die „Regenzeit“ begann). Immer ein Zubrot, aber natürlich nie das „ganz große Geld“.
Apropos Geld. Als Anna und ich 2006 auf dem Weg nach Portugal in Frankreich, am Südwest Zipfel in Collioure ankamen, war unsere Reisekasse leer, der Tank unseres Renaults auch. Ich beschloss, in der Fußgängerzone des malerischen Örtchens mit Straßenmusik ein wenig Geld zu machen. Schnell lernte ich, dass dies nicht der richtige Platz war. Laut (nebenan am Hafen spielte eine Band) und unübersichtlich. Es war schwer, einen passenden Platz für mein Vorhaben zu finden, obwohl ich in all den Jahren ein Näschen dafür entwickelt hatte.
Nase hin, Nase her, wir brauchten Geld. Dringend! In unserer Not liefen wir die Straßean ab, um das ideale Plätzchen zu finden. Und da war es pötzlich. Ein Weg auf einer Mauer mit Blick aufs Meer. Ich musste nicht lange warten. Denn als die Sonne sich neigte, kam "mein Publikum", schlendernde Liebespaare und Ruhe suchende Touristen. Noch heute spreche ich von meinem "Collioure Erlebnis" als Gleichnis für so vieles im Leben. Es ist wichtig, deinen Platz zu finden, auch wenn du etwas suchen musst. Manchmal liegt er nur um die Ecke. Dort spürst du förmlich, dass du richtig bist. Und so war es auch. Im Nu was unsere Kasse wieder etwas gefüllt und wir konnten weiterziehen. Leider auf den schnellsten Weg nach Hause, weil es meinem Vater nicht gut ging. Es liegt alles ganz nah beieinander. Wir sind alles, zu jeder Zeit. Und wir können nur versuchen, uns ständig selbst zu heilen.
"The pain was not your fault,
but the healing is your responsibility."
Richard A. Snipes
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Busking on the Isle of Wight
(folgt demnächst)
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Flops & Hops
(Beste und Schlechteste Gigs in 20 Jahren!)
8 Kurzgeschichten
Flops
Sonne in der Nacht
Pausenaus in Garmisch
Karneval in Sylbach
Abschuß in Winterberg
Hops
Gelungener Auftakt in der Sandstraße
Kompliment in Zirndorf
Stromaus am Schlossplatz
Konzerte im Studio 13
FLOPS
1
Sonne in der Nacht
Gasthof „Zur Sonne“, Steinweg, Bamberg, Anfang der 90er
Wir, Charly und ich, waren als Duo für einen Polterabend in der berühmt berüchtigten „Sonne“ gebucht. Als wir ankamen standen die zukünftige Braut und der Bräutigam mit einer handvoll Gästen an der Bar des etwas schummrigen Gastraums.
Wir platzierten unsere Gesangsanlage, machten kurz einen Soundcheck und legten auch gleich mit unserem altbewährten Repertoire los!
Lieder, wie „Me and Julio down by the schoolyard“, der „Piano Man“ und der „Bad, Bad Leroy Brown“ sollten für die paar Gäste eine gute Einstimmung für einen gelungenen Polterabend sein.
Aber schon kurz nach unserem Einstieg kam die Zukünftige zu uns an die Bühne und fragte nach ein wenig deutscher Musik. „Oh, leider spielen wir nur englische bzw. amerikanische Songs. Mein Partner Charly kommt nämlich aus der USA“. So, oder so ähnlich entgegnete ich der Frau.
Wir machten weiter im Takt, aber nicht lange.
Da stand sie wieder vor uns und dieses Mal: „Habt ihr nichts von Peter Maffay“?
„Peter WHO?“ erwiderte Charly.
Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen. Aber auch eine gewisse Angst vor dem, was da noch kommt.
Denn es lag definitiv eine Fehlbuchung vor. Wredo, der Wirt und Veranstaltungsguru der Sandstraße hatte uns bestimmt guten Willens an das Fast-Brautpaar mit lobenden Worten vermittelt.
Das nützte uns jetzt nichts mehr. Nach weiteren 3 Songs und effektiv 30 Minuten Spielzeit, stand plötzlich ein Bär, nämlich der Bräutigam, mit noch düsterer Miene, als das Kneipenlicht, vor uns.
Er streckte uns die 400 DM! Gage entgegen und verwies uns des Platzes:
„ Hier euer Geld. Verpisst euch. Jetzt!“ Das taten wir auch. Sehr schnell.
Falls das Ehepaar diese Zeilen hier liest und sich wiedererkennt, möchte ich mich für diesen Auftritt in aller Form nachträglich entschuldigen.
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Pausenaus in Garmisch
Ein Wochenende pro Monat war ich über lange Zeit im Irish Pub in Garmisch-Partenkirchen gebucht. Alleine die Anreise mit dem Zug war eine wahre Freude. Die Berge, die Wälder, ein Abenteuer. Freitag und Samstag Abend spielte ich auf, für Touristen, Amerikaner und auch für ein paar Einheimische. Untergebracht war ich bei Erika, einer etwas schrulligen Pensionsbesitzerin, im Herzen der Stadt (Fotos folgen). Am Samstag hatte ich immer genug Zeit, mir die Gegend anzusehen, ins Hallenbad zu gehen oder einfach bei einem Friseur mit Cafe einen Kaffee zu trinken und über das Leben eines reisenden Musikers, meist in Form von Tagebuchaufzeichnungen oder Gedichten zu reflektieren.
Weit mehr als 100 Auftritte im Jahr in Irish Pubs von Paderborn bis Garmisch, von Koblenz bis Dresden. Das war im großen und ganzen mein „Spielgebiet“.
Dank des irischen Musikers Gary Kent, einem Lokalmatador weit und breit, der mir wohlgesonnen war, kam ich für viele Jahre lang in diesen Kreis der „auserwählten“ regelmäßig gebuchten Musikern.
Da reinzukommen war damals nicht so einfach. Die Auftritte waren begehrt, die Gagen noch relativ hoch und auch das Trinkgeldglas wurde stets reichlich befüllt. Eine Reise nach Garmisch-Partenkirchen brachte einem, ausschließlich von der Musik lebenden Musiker wie mir, eine Stange Geld.
Ich weiß noch genau, wie es begann, zu zerfallen, dieses Luftschloß, dieses Kartenhaus, welches mir über Jahre den Lebensunterhalt sicherte.
Es war ein Freitag Abend. Der Irish Pub in Garmisch war voll, die Stimmung aber schon irgendwie am kippen. Junge Amerikaner tanzten auf den Bänken zogen ihre T-Shirts aus und ließen ihre Hosen herunter!
Nach Ende der ersten Runde, in meiner Pause, kam der Geschäftsführer nervös zu mir an die Bühne und sagte:
„That's it, Andi. You're sacked! Here is your money for the two nights.
Pack up and
just leave.“
Mit anderen Worten: „Du erreichst das Publikum nicht mehr, Du bist gefeuert, hier ist Dein Geld für beide Nächte, und Tschüß!“
Ich war natürlich völlig überrascht, irgendwie aber auch froh, dass diesen mittlerweile sehr angstrengenden Auftritten hier „von oben“ ein Ende gesetzt wurde. Fragende Blicke mancher Gäste nahmen zum Glück ein bisschen die Peinlichkeit und Spannung aus dieser Situation.
Ich packte zusammen, trank aus und ging zurück zu Erika, der netten älteren Dame.
Dort genoss ich meine letzte Nacht und bereitete mich auf die morgige Rückreise nach Bamberg vor.
Was war passiert?
Der erste Dominostein war gefallen! In den nächsten Wochen folgten weitere Anrufe von irischen Kneipenbesitzern und deren Handlangern, die mir zu verstehen gaben „Andi, you're not doing the job anymore!“ „Andi, Du bringst es einfach nicht mehr...!“
Klar, in all den Jahren schlich sich eine gewisse Routine ein. Eine Art Müdigkeit. Viele andere Musiker ließen sich das weniger anmerken und spielten das perfekte Spiel.
Ich kann mich noch erinnern, als mein Mentor, Gary Kent einst zu mir sagte: „ Andi, wann immer Du einen Pub betrittst, in dem Du auftrittst, sei überfreundlich und fang bloß nicht an, zu jammern! Die Leute hinter der Bar haben einen Scheiß Job und warten nicht auf dich, um Ihnen zu zeigen, wie miserabel Ihre Situation ist.
Und hier lag auch mein Fehler:
Es war im Irish Pub Wiesbaden (am Wochenende war ich immer eine Nacht hier und die andere im nahegelegenen Mainz engagiert), kurz vor Weihnachten und auch nur kurze Zeit vor der Entlassung in Garmisch.
In meiner Pause ging ich auf Toilette. Da stand der Geschäftsführer neben mir beim Pinkeln. Ich wollte ein Gespräch anfangen und mir fiel nichts besseres ein, als „Oh Weihnachten, was für ein Stress, den keiner braucht.“ Damals war ich wirklich nicht in Weihnachtsstimmung, da ich schon lange von zu Hause weg war und ja selbst noch kein Vater war. Also verloren auch dieses Festtage vorübergehend an Bedeutung.
Mein Pinkelnachbar fand das sichtlich unpassend und daneben.
Wie gerne wäre er an Weihnchten mal bei seiner Familie in Irland gewesen. Stattdessen war er hier jede Nacht, Jahr ein, Jahr aus gefangen in diesem „Pub Game“,
in einem fremden Land.
Diese Iren lebten! buchstäblich in den Pubs. Und am am Tag schliefen sie.
Ein eigenes Leben lag in weiter Ferne.
Meine dämlichen Worte machten die Runde. Ein Irish Pub nach dem anderen verweigerte mir Folgeauftritte. Die Dominos fielen fast alle.
*
Nur ein paar Wochen später ereilte meinem Musikerfreund Sean Slattery genau dasselbe Schicksal in Garmisch: das Pausenaus nach dem ersten Satz!
*
Viele Jahre später erfuhr ich, das George, der Geschäftsführer kurze Zeit später einen Herzinfarkt hatte und damals schon sehr unter Druck stand, weil die Umsätze nicht mehr hoch genug waren. Auch er „was not doing the job anymore.“